AUSSTELLUNG KARTE UND GEBIET Sven Drühl, Wolfgang Ellenrieder, Wolfgang Flad, Anton Henning, Jan Holthoff, Cornelius Völker
Ausstellungsdauer 12. Oktober – 30. November 2013
Wimmer plus – eine Agentur für Kunst und Kunstvermittlung mit seinem Inhaber Stefan Wimmer, der seit über 17 Jahren im internationalen Kunstmarkt tätig ist - ist seit August vergangenen Jahres am neuen Standort in Prien am Chiemsee. Nach der ersten Ausstellung mit Werken der klassischen Moderne vom Impressionismus und Expressionismus im September dieses Jahres folgt nun die zweite Verkaufsausstellung mit Malerei und Skulptur der Gegenwart mit sechs international anerkannten Künstlern unter dem Titel Karte und Gebiet. Die Künstler Sven Drühl, Wolfgang Ellenrieder, Wolfgang Flad, Anton Henning, Jan Holthoff und Cornelius Völker haben alle zahlreiche Ausstellung in Museen, Kunstvereinen und Galerien im In- du Ausland und Werke finden sich in Sammlungen wie der Sammlung Olbricht, Sammlung Würth, Sammlung Henkel, Sammlung Sander, dem Kunsthaus Zürich, dem von der Heydt Museum Wuppertal, dem Gementemuseum Den Haag u.v.a.
Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf einen Roman des französischen Schriftstellers Michel Houellebecq aus dem Jahr 2010 dessen zentrales Thema Fragen zum Verhältnis der Realität und Abbildungen der Realität sind. Es handelt von einem Künstler der Satellitenbilder und Kartenmaterial miteinander in Beziehung setzt und verhandelt damit die zentrale Frage unseres Umgangs mit der Realität in der Kunst und der Realität der Kunst.
Landkarten sind erstens der Versuch die reale Landschaft in einer zweidimensionalen Form abzubilden und dennoch sind sie wie über Jahrhunderte nachgewiesen vor allen Dingen Ausdruck unserer Vorstellung von realer Landschaft. Der Berliner Künstler Sven Drühl greift dieses Phänomen der konstruierten Landschaft in seinen Gemälden auf und benutzt dafür Bilder von Landschaftsmalern des 19. Jahrhundert ebenso wie Fotos und wendet diese in eine zeitgenössische Form der Malerei mit Lacken, Silikon und Ölfarbe. Sein Bezugspunkt ist also nicht die sich vor dem Fenster befindliche Landschaft sondern eine bereits im Bild festgehaltene, die er in einer Art zweiter Beobachtung in eine weitere Version von Landschaft wandelt. Seine Verwendung ungewöhnlicher Malmaterialien führt zu einem Spiel der Oberflächen, die jedes Werk in eine slicke, materielle oder zeichnerische Landschaftsvision verwandelt.
Landkarten sind zweitens auch Koordinatensysteme der Verortung in der Welt. Sowohl Anton Henning wie auch Cornelius Völker realisieren in ihren gegenständlichen Gemälden ihr Bezugssystem Kunst. Anton Henning entwirft dabei nicht nur einen Kosmos gegenständlicher Malerei mit seinen Vorbildern Vincent van Gogh, Henri Matisse oder Lucian Freud sondern eine ganze Welt ästhetischer Erfahrung, die uns wiederum zeitgenössische Kunst und Kunstgeschichte erlebbar macht und zu unserer Lebenswelt macht. Aus diesem Grund zeige ich ein Werk mit dem Titel Blumenstilleben, das sowohl die Ornamentik von Matisse als auch die Farbenpracht der Fauves in beeindruckender Weise
inszeniert. Cornelius Völkers Malerei ist geprägt durch den virtuosen Umgang mit Farbe. Seine Motive sind alltäglich und doch sind sie Sinnbild für mehr. Sei es der Spargel, dessen Bezugspunt die Spargelbilder von Manet, seien es die Bücherstapel, die Ausdruck der gesammelten Kunstgeschichte sind oder das Werk Rouviére, das tatsächlich das große Vorbild Manet und eines seiner bedeutenden Gemälde in den Vordergrund rückt. Völkers Umgang mit der Kunstgeschichte und seine zeitgenössische Wendung lassen Farbe und Malerei greifbar und erlebbar werden und hinter den banalen Motiven eine Welt voller Bedeutungen aufscheinen.
Landkarten sind Modelle des Raumes und Gedankenmodelle. Dieses Phänomen zeigt der Münchener Künstler Wolfgang Ellenrieder in seinen vielfältigen Werken, die hier als skulpturale Modelle ebenso gezeigt werden wie als Malerei. Die Werke „Elastischer Knall II“ und Spots zeigen unterschiedlichste Perspektiven auf Phänomene der Naturerfahrung. Im Gemälde „Elastischer Knall II“ sehen wir einen Art Hochsitz inmitten einer Landschaft, die wir gar nicht eindeutig zuordnen können. Möglicherweise ist es eine surreale Szenerie gleichwohl aber erscheinen Pflanzen, die eine Lichtung bevölkern könnten, aber in ihrer Proportionalität wiederum nicht zu den anderen Elementen des Gemäldes passen. Dieses Verwirrspiel der Ebenen im Sinne des Maßstabs aber auch der Materialität und Maltechnik beherrscht Ellenrieder wie kein zweiter. Seine Modelle aus unterschiedlichen Materialien wie Holz, Pappe und bedrucktem Papier, die zum einen dreidimensionale Räume erobern und zum anderen die visuelle Holzästhetik sowohl in realen Holzelementen wie auch in laserbedrucktem Kunststoff in Holzoptik ein Spiel mit dem Betrachter spielen und ihn aufs Glatteis führen, sind im besten Sinn Kunst, die ihre eigene Realität erschafft aber dennoch viel unserer Lebenswelt integriert und damit zentrale Aussagen über unsere Realität treffen kann.
Wie ein Gegensatz erscheinen die Traumlandschaften eines Jan Holthoff. Der in Düsseldorf und New York arbeitende Künstler schafft ausgehend von Fotografien und Notizen bei Wanderungen Gemälde als Erinnerungslandschaften, die sich durch die beeindruckende farbliche Komposition beschreiben lassen. Es sind demnach eher Anmutungen und Stimmungen, die Holthoff in Gemälde fließen lässt. Der Meisterschüler von Herbert Brandl beherrscht den dynamischen Einsatz des Pinsels und zeichnet sich durch ein ausgeprägtes kompositorisches Farbgefühl aus.
Mit Wolfgang Flad zeige ich einen zeitgenössischen Bildhauer, der in seinen organisch anmutenden Skulpturen scheinbar eine Referenz an die Bildhauerei der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts umsetzt. Tatsächlich verhält es sich im formalen Sinne gänzlich andersherum Flad spielt mit dieser Erwartung und unterläuft sie durch zweierlei Maßnahmen. Erstens sind seine Skulpturen nicht aus einem Block herausgearbeitet, sondern aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt, d.h. konstruktiv aufgebaut und widersprechen damit gänzlich der Idee des Organischen. Zweitens sind die verwendeten Materialien Holz, Pappmaché und Acrylfarbe allesamt Materialien, die den Konzepten der Bildhauer des letzten Jahrhunderts wiedersprechen, die Bronze als Material bevorzugten, um auch den Eindruck der Dauerhaftigkeit zu erwecken. Der schäbige und ungleichmäßige Farbauftrag ist ein weiteres Indiz dafür, dass Trash eine ästhetische Qualität ist und kein Mangel. Besonders interessant ist zudem der Bruch durch die hochglänzenden Sockel, die wieder einen Gegensatz zur Skulptur sind, gleichwohl für jede Arbeit einzeln in Dimension, Farbe und Form von Flad selbst angefertigt werden.
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